St. Martinus Wilnsdorf

Ein kleiner Kirchenführer

Der Hochaltar

Der Altar ist der früheste der erhaltenen Geschoßaltäre aus der Werkstatt Papen. Diese war eine der führenden westfälischen Bildhauerwerkstätten in Giershagen bei Marsberg. Er entstand um 1700 als Johann-Baptist-Seitenaltar für die Abteikirche des Zisterzienserklosters in Hardehausen. Nach der Säkularisation kam der Altar nach Daseburg bei Warburg. 1888 suchte Pfr. Muermann für seine neue Wilnsdorfer Kirche einen möglichst preiswerten Altar. Da die Daseburger etwas Moderneres wollten, konnte er ihn gegen Übernahme der Transportkosten bekommen. Das Obergeschoß und einige Figuren verkaufte er aus Platzgründen nach Köln.

Der spätere, kunstsinnige Pfr. Kesting erkannte nach seinem Dienstantritt sehr bald die Unvollständigkeit des Papen-Altares und forschte nach. 1935/36 setzte ein reger Briefwechsel zwischen Pfr. Kesting, dem Provinzialkonservator Dr. Rave in Münster und dem Schnütgenmuseum in Köln ein. Zum Schluß konnte der Altar wieder zusammengeführt werden. Die Finanzierung der benötigten 1000 RM gelang dank der Hilfe durch Dr. Rave. Er besorgte den Betrag von Spendern und dem Denkmalamt. Dieser wertvolle Altar wurde im Rahmen der jüngsten Kirchenrenovierung gereinigt, in der Substanz gesichert und teilweise restauriert.

Das Material des Altares ist Kalksandstein und Marmor, das der Figuren Stein oder Holz. Die Figur, die den Altar krönt, stellt Gottvater mit der Weltkugel dar. Die Figur gehört nicht original zum Altar, hat aber schon in der alten Kirche dort gestanden. Die Figur im Obergeschoß wird als Papst Alexander III. bezeichnet – könnte aber auch Bischof Liborius oder St. Martin von Tours sein. Die linke Figur ist der hl. Meinolf, Archidiakon des Bistums  Paderborn, dargestellt mit dem Modell des von ihm gegründeten Klosters Böddeken (südl PB), mit Buch und Hirsch. Rechts steht der hl. Laurentius, Diakon des Papstes Sixtus II, der das Kirchenvermögen an die Armen verteilte und deshalb mit Geldbörse dargestellt ist.

Im Hauptgeschoß sehen wir die bekannte Darstellung von der Taufe Jesu im Jordan durch Johannes, die dem Altar den Namen gab. Die Bischofsfiguren stellen links einen hl. Petrus und rechts einen hl. Wilhelm dar. Es handelt sich wahrscheinlich um die beiden Zisterzienseräbte Petrus (+ 1174) und Wilhelm (+ 1209). Der Altartisch ist mit Rankenwerk verziert. Zwei Putten halten ein Medaillon, das den hl. Josef mit Jesuskind zeigt. Der Tabernakel gehörte nicht ursprünglich zum Altar. Er wurde erst beim Neubau dieser Kirche hinzugefügt.

Weitere Ausstattung

Die beiden Figuren an der Chorwand stammen ebenfalls aus der Papen-Werkstatt, sind aber jünger als der Hochaltar. Links befindet sich die hl. Elisabeth, rechts der hl. Zacharias. Links an der vorderen Kirchenwand steht die Figur des hl. Michael, die vor der Renovierung den Altar krönte. Sie stammt wahrscheinlich auch aus der Papenwerkstatt, gehörte aber nicht zum Altar. Die Marienfigur auf der rechten Seite entstand vermutlich im 16. Jahrhundert. Die Rosenranken wurden für diese Kirche von Stefan Spork, Wilnsdorf, entworfen und geschmiedet. Die Schnitzfiguren an der Emporenbrüstung stammen von der Kanzel der alten Kirche und hatten bis zur jetzigen Renovierung das Ambo (die vier Evangelisten) und den Zelebrationsaltar (der lehrende Christus in der Mitte) geziert. Zelebrationsaltar, Ambo und Taufbrunnen im Chorraum – ebenso das Weihwasserbecken unter der Orgelbühne – stammen aus der im Sommer 2007 abgerissenen Kirche St. Johannes Bielefeld-Windflöte, außerdem die Apostelleuchter aus Bronze. Die Fensterwände wurden von den Künstlern Wilfrid und Hildegard Perraudin, Freiburg/Breisgau, entworfen.

Die östliche Wand zeigt die Liebe Gottes zu den Menschen: Der Kreuzweg verbindet die Darstellung des Abendmahls im rechten Fensterbild mit der Kreuzigungsszene. Die westliche Wand thematisiert die Nächstenliebe:

St. Martin teilt seinen Mantel – ein Regenbogen umspannt die Welt!

Ein Spruch in Stein nimmt uns in die Pflicht:

Brüderlich teilen, Einander beistehen, Völkerhilfe, Frieden schaffen, Sich versöhnen, gütig, barmherzig, Freund sein, Vertrauen wecken – Miteinander – Füreinander.

In der nördlichen Wand wird zwischen den Eingangstüren der Hl. Geist durch die Taube symbolisiert. Die ganze Höhe einnehmende Flamme besagt: Gott sendet den Hl. Geist auf uns Menschen herab und unsere Liebe soll in ihr zu Gott emporsteigen.

Werktagskapelle

Die Holzfiguren stellen die Patrone unserer beiden Kirchen dar, St. Martinus und St. Joseph. Der Künstler Helmut Hecker, Gunsen b. Olpe, hat sie geschnitzt. Sie wurden 1990 bzw. 1997 gestiftet. Die Glaswand mit dem integrierten Kreuz aus Edelstahl und einer Titan-Arbeit in der Vierung stammen von Walter Schneider aus Heimighausen bei Bad Fredeburg.

Das Bild der Immerwährenden Hilfe hing in der alten Kirche an einem Pfeiler. Der Opferkerzenständer entstand 2008 in der Wielandschmiede Stefan Spork.

In das Fenster konnten zwei Marienfenster aus der alten Kirche eingefügt werden: Mariä Verkündigung und die Muttergottes mit dem Jesuskind.

Geschichte

Um 950:

Gründung erster christlicher Gemeinden im Siegerland durch fränkische Missionare. Auf Grund des Namens St. Martin gilt dies wohl auch für Wilnsdorf.

1233:

Zerstörung der Kolbe-Burg zu Wilnsdorf durch Konrad von Marburg. Nur die Burgkapelle wird wieder aufgebaut.

1444:

Erste Erwähnung eines Pfarrers von Wilnsdorf.

1530:

Einführung der Reformation im Siegerland.

1651:

Neuordnung der Pfarreien Wilnsdorf – Rödgen. Der kath. Pfarrer bekommt seinen Sitz in Wilnsdorf, der evangelische in Rödgen. Beide Kirchen werden simultan genutzt.

1791:

Einweihung einer neuen Kirche, erbaut auf den Fundamenten der Burgkapelle. Sie wird weiter simultan genutzt.

1852:

Überlassung des ehem. königl.-preuß. Hauptzollamtes als Notkirche für die kath. Gemeinde. Dadurch ist das Simultaneum beendet.

1891:

Einweihung einer größeren Kirche in neuromanischem Stil. Ein Modell steht auf dem Kirchengelände.

1972:

Einweihung der jetzigen Kirche. Die alte Kirche war nach dem 2. Weltkrieg zu klein geworden. Eine Erweiterung kam wegen schlechter Bausubstanz und nasser Mauern nicht in Frage.

1974:

Aufhebung der Personalunion der Doppelpfarrei Wilnsdorf-Rödgen. Zur Pfarrei gehören nur noch Wilden und Wilgersdorf mit der Filialkirche St. Josef.

1996:

Beendigung der Restaurierung des Kirchturms der alten Kirche. Ein neuer eichener Glockenstuhl
wurde eingebaut.

1997:

Der Turm wird unter Denkmalschutz gestellt.

2007:

Renovierung und Umgestaltung der Kirche.